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BFSG - Overlay-Tools und digitale Barrierefreiheit

Sinnvolle Hilfe oder trügerische Lösung?
Inhalt des Beitrags

Digitale Barrierefreiheit ist ein essenzielles Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen sollen das Internet ebenso problemlos nutzen können wie alle anderen.

Um dies zu ermöglichen, setzen viele Unternehmen auf sogenannte Overlay-Tools wie Eye-Able oder UserWay, die eine einfache und schnelle Lösung versprechen. Doch halten diese Tools wirklich, was sie versprechen? Oder sind sie eher eine oberflächliche Lösung, die strukturelle Probleme nicht behebt?

Was sind BFSG Overlay-Tools?

Overlay-Tools sind Software-Lösungen, die in eine bestehende Webseite integriert werden, um deren Barrierefreiheit zu verbessern. Sie funktionieren durch das „Überlagern“ von Funktionen, ohne die grundlegende Architektur der Webseite zu verändern. Zu den typischen Features gehören: 

 

  • Anpassbare Schriftgröße
  • Höhere Kontrasteinstellungen
  • Text-zu-Sprache-Funktionen
  • Maus- und Tastaturanpassungen
  • Reduzierung visueller Ablenkungen

Ein bekanntes Beispiel ist Eye-Able, das es Nutzern ermöglicht, Webseiten an ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. Klingt nach einer großartigen Lösung – doch ist sie wirklich ausreichend?

Die Problematik von Overlay-Tools

Obwohl Overlay-Tools eine schnelle und einfache Lösung zu sein scheinen, gibt es einige gravierende Probleme:

1. Oberflächliche Lösung statt nachhaltiger Barrierefreiheit

Overlay-Tools greifen nicht in den Quellcode einer Webseite ein, sondern überlagern nur deren Oberfläche. Das bedeutet, dass grundlegende strukturelle Probleme bestehen bleiben. Wenn eine Webseite beispielsweise keine semantische HTML-Struktur verwendet oder Screenreader nicht unterstützt, wird dies durch ein Overlay-Tool nicht behoben.

2. Kompatibilitätsprobleme mit bestehenden Hilfsmitteln

Viele Menschen mit Einschränkungen nutzen bereits spezialisierte Hilfsmittel wie Screenreader oder angepasste Tastaturbefehle. Overlay-Tools können jedoch dazu führen, dass diese Technologien nicht mehr richtig funktionieren, weil sie mit den bereits aktivierten Einstellungen kollidieren. Das führt dazu, dass Betroffene eine Webseite eher meiden als sie nutzen.

3. Datenschutzrisiken und Tracking

Ein weiteres Problem ist der Datenschutz. Overlay-Tools erfassen oft Nutzerdaten – beispielsweise Informationen darüber, welche Hilfsmittel jemand verwendet. Diese sensiblen Daten könnten in falsche Hände geraten oder für Werbezwecke genutzt werden. In Zeiten der DSGVO ist dies ein ernstzunehmendes Problem, das nicht ignoriert werden darf.

4. Erzeugung neuer Barrieren

Ironischerweise können Overlay-Tools zusätzliche Hürden schaffen, anstatt bestehende zu beseitigen. Beispielsweise können sie Skripte einfügen, die die Performance oder Bedienbarkeit der Seite verschlechtern. Besonders Nutzer mit Screenreadern berichten, dass Overlays ihre Navigation sogar manchmal erschweren.

Die offizielle Einschätzung von Fachstellen

Die deutschen Überwachungsstellen des Bundes und der Länder für die Barrierefreiheit von Informationstechnik haben sich klar gegen den ausschließlichen Einsatz von Overlay-Tools ausgesprochen. Ihre Einschätzung lautet:

  • Overlay-Tools können bestehende Barrieren nicht vollständig beseitigen.
  • Sie können in einigen Fällen sogar neue Barrieren erzeugen.
  • Eine barrierefreie Webseitengestaltung sollte von Grund auf erfolgen, nicht erst durch nachträgliche Anpassungen.

Auch der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) warnt vor falschen Versprechungen von Overlay-Anbietern. Der Verband empfiehlt stattdessen, Barrierefreiheit direkt in die Webentwicklung zu integrieren, anstatt sich auf nachträgliche Tools zu verlassen.

Der richtige Weg zu echter Barrierefreiheit

Wenn Overlay-Tools nicht die Lösung sind – was dann? Hier einige Best Practices für nachhaltige digitale Barrierefreiheit:

  1. Von Anfang an barrierefrei entwickeln: Webseiten sollten von Grund auf barrierefrei gestaltet werden, indem sie den WCAG-Richtlinien (Web Content Accessibility Guidelines) folgen.
  2. Semantisches HTML und ARIA-Standards nutzen: Strukturierte, gut lesbare Webseiten helfen Screenreadern und anderen assistiven Technologien.
  3. Regelmäßige Barrierefreiheits-Tests durch Betroffene: Menschen mit Behinderungen sollten in die Entwicklung und das Testing einbezogen werden.
  4. Barrierefreie PDFs & Formulare bereitstellen: Dokumente müssen zugänglich und maschinenlesbar sein.
  5. Keine ausschließliche Abhängigkeit von Overlays: Zusatztools können sinnvoll sein, sollten aber niemals als einzige Lösung betrachtet werden.

Fazit:

Overlay-Tools wie Eye-Able bieten eine zusätzliche Hilfe, aber keine nachhaltige Barrierefreiheit. Sie können einige nützliche Funktionen bereitstellen, aber grundlegende Probleme nicht lösen. Echte digitale Barrierefreiheit beginnt nicht mit Overlays, sondern mit inklusiver Webentwicklung.

In Hinblick auf das kommende Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird es für Unternehmen immer wichtiger, digitale Inhalte rechtskonform bereitzustellen. Overlay-Tools wie Eye-Able und UserWay können zwar einige Anforderungen der WCAG AAA erfüllen und so bestimmte Aspekte der Barrierefreiheit verbessern, reichen jedoch nicht aus, um die gesetzlichen Vorgaben vollständig zu erfüllen. Eine nachhaltige, rechtssichere Umsetzung erfordert eine barrierefreie Gestaltung von Grund auf, anstatt sich ausschließlich auf nachträgliche Lösungen zu verlassen.

Für dich und dein Unternehmen ist Barrierefreiheit ein ernstzunehmendes Thema? Finde mit unserem BFSG-Audit heraus wie gut dein Unternehmen auf das baldige Inkrafttreten der neuen Regelungen vorbereitet ist!

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Erich Panihin

Erich Panihin

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